Picasso

Picasso
Picạsso,
 
Pablo, eigentlich Pablo Ruiz y Picasso [rru̯iθ i -], spanischer Maler, Grafiker und Bildhauer, * Málaga 25. 10. 1881, ✝ Mougins (bei Cannes) 8. 4. 1973; besuchte mit 15 Jahren die Kunstschule in Barcelona, 1897 kurze Zeit die Academia San Fernando in Madrid. Von 1900 bis zu seiner endgültigen Übersiedlung (1904) reiste Picasso jährlich nach Paris, wo ihn v. a. nachimpressionistische Bilder von H. Toulouse-Lautrec, P. Gauguin, aber auch E. Delacroix, H. Daumier, E. Degas und T. Steinlen beeinflussten. Seit 1901 entwickelte Picasso in der »blauen Periode« (bis 1904) seinen ersten eigenständigen Stil mit schwermütigen Figurenbildern in verschiedenen Blautönen (»Absinthtrinkerin«, 1902; Glarus, Sammlung Huber). Ab 1901 signierte er mit Picasso. Nach 1904 belebte sich seine Farbskala wieder, doch blieb die melancholische Grundstimmung. Picasso bevorzugte Zirkusmotive, häufig vor einem rosa Hintergrund, daher »rosa Periode« (bis 1906) genannt (»Die Gaukler«, 1905; Washington, District of Columbia, National Gallery). Neben Radierungen und Kupferstichen entstanden die ersten Plastiken. Für die Stilwende von 1907 waren v. a. afrikanische Masken und die Auseinandersetzung mit dem Werk P. Cézannes wichtig, die besonders in den Vorstudien zu dem Bild »Les Demoiselles d'Avignon« (1907; New York, Museum of Modern Art) zum Ausdruck kommt. Dieses Werk brach mit der bisher gültigen Ästhetik, zersplitterte Formen und Farben (v. a. Grau-, Braun-, Grüntöne) und führte zeitgleich mit G. Braque zum analytischen Kubismus.
 
Die Auflösung des Gegenständlichen in stereometrische Strukturen näherte sich in den Bildern der Folgezeit der Abstraktion (»Frauenkopf«, 1909, Privatsammlung; »Frau mit Gitarre«, »Ma Jolie«, 1911/12, New York, Museum of Modern Art), ohne dass das gegenständliche Motiv ganz aufgegeben wurde. Eine auf die Zweidimensionalität abgestimmte Ästhetik hatte die Einbeziehung der Collage (»papiers collés«) zur Folge. Die Phase des synthetischen Kubismus (ab 1912) ging häufig vom abstrahierten Bildvorwurf oder der reinen Form der Einzelobjekte aus, deren Kombination dann eine gegenständliche Deutung des Bildganzen zulässt; sie ist durch wieder zunehmende Farbigkeit bestimmt (»Die Violine«, 1912; Stuttgart, Staatsgalerie). Der »synthetische« Charakter dieser Kunst kommt in den gleichzeitig entstandenen Plastiken (von Picasso »Construction« genannt) deutlich zum Ausdruck (»Gitarre«, 1912; New York, Museum of Modern Art).
 
In der Folgezeit stehen widersprüchliche Kunstrichtungen in Picassos Werk nebeneinander. Ab 1915 zeichnete er neben kubistischen Arbeiten wieder realistisch erscheinende Porträts. Ab 1914 trat neben die gleichzeitig lockerer werdende kubistische Malerei eine monumental »klassizistische«, die seit 1919 auch auf antike mythologische Motive und Vorbilder zurückgriff. Nachhaltige Impulse erhielt Picasso in seinem Kontakt zu den Surrealisten, an deren Ausstellung er sich 1925 beteiligte (»Drei Tänzer«, 1925; London, Tate Gallery). Die vom Surrealismus eröffnete Möglichkeit zur Verschlüsselung und mythischen Überhöhung psychischer Erfahrungen erweiterte die Ausdruckskraft in Picassos Werk (»Minotauromachie«; 1925, Radierung). Eine Reise nach Spanien (1934) bereicherte seine Thematik um Stierkampfszenen.
 
Ein Höhepunkt in Picassos Schaffen ist das für den spanischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris (1937) gemalte großformatige Gemälde »Guernica« (Madrid, Centro de Arte Reina Sofia); es entstand nach der Zerstörung der baskischen Stadt Guernica im Spanischen Bürgerkrieg. Picassos Protest gegen den Krieg allgemein führte nach dem Zweiten Weltkrieg (den er im besetzten Paris erlebte) zu stärkerem politischem Engagement; ab 1944 war er Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs (Symbol der »Friedenstaube« u. a., Plakat, 1949). Als Künstler experimentierte er nun mit neuen Techniken und Themen. Die Lithographie war 1945-49 eine wichtige Ausdrucksmöglichkeit, die seiner spontanen Zeichenweise entgegenkam. Seit 1947 entstand in Vallauris (bei Cannes) eine große Zahl bemalter Keramiken; vereinzelt auch plastische Werke. In der Malerei variierte er die sein ganzes Werk durchziehenden bukolischen Themen und kam dabei zu einem stark vereinfachenden, kurvigen Linienstil. Auch Gemälde alter Meister (Rembrandt, D. Velázquez, El Greco, N. Poussin) dienten ihm (besonders seit 1954) als Bildentwurf und wurden einer Reihe eigenwilliger Metamorphosen unterworfen (»Las Meninas«, 1957; Barcelona, Museo Picasso). Ab 1961 lebte Picasso in Mougins. Besonders in der Grafik gelangte er hier zu einem abgeklärten Klassizismus. Es entstanden u. a. heiter-parodistische Zeichnungen (»Maler und Modell«, etwa 70 Blätter, 1963/64), 1968 eine Folge von 347 Radierungen.
 
Picasso gilt als ein Wegbereiter und einer der wichtigsten Repräsentanten der Malerei des 20. Jahrhunderts; seine Figuren, Köpfe, Konstruktionen, Materialbilder und Assemblagen sind Schlüsselwerke der modernen Plastik. - Picasso verfasste auch das dadaistische Stück »Le désir attrapé par la queue« (entstanden 1941, erschienen 1945) sowie »Les quatres petites filles« (entstanden 1948, erschienen 1968), ein Spiel in sechs Akten.
 
1963 wurde in Barcelona das Museo Picasso eröffnet. Einen Großteil des künstlerischen Nachlasses erhielt (zur Abgeltung von Erbschaftsteuern) der französische Staat, der hierfür 1985 das Musée Picasso in Paris einrichtete. In Málaga, der Geburtsstadt des Künstlers, wurde ab 1998 der Buenavista-Palast zum Picasso-Museum umgebaut; 138 Werke aus allen Epochen bilden den Grundstock der Sammlung, den 1996 Christine Ruiz Picasso, Schwiegertochter des Künstlers, der Regionalregierung von Andalusien stiftete.
 
Ausgabe: Die poetischen Schriften 1935-1959, herausgegeben von M. L. Bernadac u. a. (1989).
 
 
P. P. Œuvres de 1895. .. à 1972, hg. v. C. Zervos, 34 Bde. (Paris 1942-83);
 
P. Peintre-graveur, bearb. v. B. Baer u. a., 5 Bde. (Bern 1955-89);
 G. Bloch: P. P. Catalogue de l'œuvre gravé et lithographié, 4 Bde. (ebd. 1-21971-79);
 
P. P. Zeichnungen, hg. v. W. Boeck (1973);
 
P. P. Retrospektive im Museum of Modern Art, New York, hg. v. W. Rubin (a. d. Amerikan., 1980);
 P. Penrose: P. P. Sein Leben - sein Werk (a. d. Engl., 1981);
 S. Goeppert: P. P. Catalogue raisonné des livres illustrés (Genf 1983);
 
P., das plast. Werk, bearb. v. W. Spies (21983);
 
Der junge P. Frühwerk u. Blaue Periode, hg. v. J. Glaesemer, Ausst.-Kat. (Bern 1984);
 Brassaï: Gespräche mit P. (a. d. Engl., 1985);
 
P.s Klassizismus. Werke 1914-1934, hg. v. U. Weisner, Ausst.-Kat. (1988);
 
P. P. Portrait, bearb. v. R. Doschka, Ausst.-Kat. (Ballingen 1989);
 
P. u. Braque. Die Geburt des Kubismus, hg. v. W. Rubin, Ausst.-Kat. (a. d. Amerikan., 1990);
 W. Wiegand: P. P. mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (62.-65. Tsd. 1990);
 
Die Metamorphosen der Bilder, bearb. v. D. Elger, Ausst.-Kat. Sprengel Museum Hannover (1992);
 
P. 1905-1906. Rosa Periode u. Gósol, Ausst.-Kat. Museu Picasso, Barcelona, u. a. (Barcelona 1992);
 
P. and Braque. A symposium, hg. v. L. Zelevansky (München 1992).
 L. C. Rodrigo: P. in his Posters. Image and work, 4 Bde. (Madrid 1992);
 
Die Zeit nach Guernica 1937-1973, bearb. v. W. Spies, Ausst.-Kat. Nationalgalerie, Berlin, u. a. (1993);
 
P. P. Wege zur Skulptur. Die Carnets Paris u. Dinard von 1928, bearb. v. W. Spies,: Ausst.-Kat. Wilhelm-Lehmbruck-Museum, Duisburg, u. a. (1995);
 
P. Die Sammlung Ludwig. Zeichnungen, Gemälde, plast. Werke, hg. v. E. Weiss, Ausst.-Kat. Museu Picasso, Barcelona, u. a. (21993);
 C. Geelhaar: P. Wegbereiter u. Förderer seines Aufstiegs 1899-1939 (Zürich 1993);
 
P. P. Die illustrierten Bücher, bearb. v. Katharina Schmidt, Ausst.-Kat. Kunstmuseum, Basel u. a. (1995);
 
P. P., the early years 1892-1906, hg. v. M. McCully, Ausst.-Kat. National Gallery of Art Washington (Washington, D. C., 1997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Picasso und die Moderne
 

Universal-Lexikon. 2012.

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